Kantonale Listen
Um dieses Sparpotenzial realisieren zu können, diskutieren die Kantone über die Einführung von Listen für Eingriffe, die zwingend ambulant durchgeführt werden sollen. Sie stützen sich dabei auf die Artikel 32 und 56 KVG. Ersterer sieht vor, dass Leistungen zulasten der OKP wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen. Letzterer bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeit der Leistungen; insbesondere darauf, dass Leistungserbringer sich in ihren Leistungen auf das Mass zu beschränken haben, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist. Diese Praxis führt in erster Linie vor allem zu einer finanziellen Entlastung der Kantone, benachteiligt aber die Prämienzahler.
Projekt des Kantons Luzern
Im Kanton Luzern beispielsweise, wurde eine entsprechende Liste am 1. Juli 2017 in Kraft gesetzt. Der Kanton schätzt, dass jährlich rund 860 Fälle betroffen sind und dass das Einsparpotential ungefähr 3 Millionen Franken beträgt. Die Liste basiert auf den 13 Eingriffen, die in der PwC-Studie genannt werden. Zwischenzeitlich wurde die Zahl der Eingriffe auf der Liste auf 12 reduziert, da die Ärzteschaft Vorbehalte gegenüber der Mandeloperation geltend gemacht hat. Für die Umsetzung ist eine Einschätzung von Fall zu Fall vorgesehen.
Projekt des Kantons Zürich
Der Kanton Zürich hat den gleichen Ansatz gewählt. Dazu wurde dem Grossen Rat eine Änderung des kantonalen Spitalgesetzes unterbreitet. Für die Eingriffe auf der Liste würde sich die Beteiligung des Kantons auf die Fälle beschränken, bei denen ein stationärer Eingriff aufgrund besonderer Umstände nötig ist. Der Kanton hat das Ziel festgelegt, die stationären Eingriffe auf 3‘400 zu reduzieren. Mit dieser Gesetzesänderung, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten sollte, hofft der Kanton, 9,2 Millionen Franken zu sparen. Es ist vorgesehen, bei der Umsetzung regelmässig die Statistiken der Eingriffe auszuwerten, um beurteilen zu können, ob diese stationär oder ambulant durchgeführt wurden. Wenn nötig wird der Kanton intervenieren.
Rechtsgutachten
Professor Urs Saxer (Universität Zürich) hat in einem von den Privatkliniken Schweiz veranlassten Rechtsgutachten Stellung zur Einführung der kantonalen Listen bezogen2. Er vertritt die Ansicht, dass die Kantone aufgrund von Artikel 117 Absatz 1 der Bundesverfassung nicht ermächtigt sind, Listen für Eingriffe zu erstellen, die zwingend ambulant durchgeführt werden müssen. Entsprechende Vorschriften wären nicht zulässig. Professor Kieser (Universität St. Gallen) teilt die in der Untersuchung dargelegte Auffassung.
Diese Meinung ist jedoch nicht unumstritten. Auf mehrere Fragen während der Fragestunde des Parlamentes vom 13. März 2017 hat der Bundesrat einen anderen Standpunkt vertreten. Seiner Meinung nach sollten sich die Kantone nur an den Kosten für stationäre Eingriffe beteiligen, wenn diese wirtschaftlich, zweckmässig und wirksam sind.
Nach Meinung der Groupe Mutuel obliegt es den Versicherern zu prüfen, ob diese Kriterien erfüllt sind oder nicht. Sie müssten bei der Ausarbeitung dieser Eingriffslisten einbezogen werden, auch wenn sie im Interesse der Prämienzahler aus wirtschaftlichen Überlegungen momentan keine Verschiebung bom stationären in den ambulanten Bereich fordern.