Wie viele Ärzte braucht die Schweiz?

31. August 2018 | Kommentar(e) |

Dr.Thomas Grichting

Die Anzahl in der Schweiz praktizierender Ärzte (Leistungserbringer) zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nimmt seit Jahren stetig zu. Dies hat – neben vielen anderen Faktoren, wie der Demografie, der Bevölkerungsentwicklung, dem technischen Fortschritt usw. – auch einen Einfluss auf die steigenden Kosten im ambulanten Bereich. Denn auch im Gesundheitsbereich steigt die Nachfrage, wenn das Angebot grösser wird. 

Was läuft auf politischer Ebene?

Das Parlament hat dem Bundesrat den klaren Auftrag erteilt: liberale Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten ausarbeiten. Unter anderem solle der Bundesrat in einem Bericht für jede Ärztekategorie eine Ober- und Untergrenze festlegen, damit die Kantone die Zulassung innerhalb der vorgegebenen Bandbreite steuern könnten. Ausserdem sollte aufgezeigt werden, wie eine Steuerung auch über Tarife und über die Lockerung des Vertragszwanges machbar wäre.

Nun hat der Bundesrat eine Änderung des Krankenversicherungsgesetztes (KVG) zur Zulassung von Leistungserbringern präsentiert. Mit dieser Gesetzesänderung sollen die Leistungserbringer betreffend Wirtschaftlichkeit und Qualität mehr in die Pflicht genommen werden. Ausserdem sollen die Kantone ein Instrument erhalten, mit welchem sie das Leistungsangebot besser kontrollieren und steuern können.

Quelle: FMH-Ärztestatistik und SASIS AG

Position der Groupe Mutuel

Die Groupe Mutuel anerkennt, dass es liberale und regulatorische Instrumente braucht, damit die Zulassung von Leistungserbringern sowie die Gewährleistung der Qualität und Wirtschaftlichkeit beeinflusst werden kann.

Um eine wirkungsvolle Steuerung der Zulassungen zu erreichen, bedarf die Vorlage des Bundesrates folgender Änderungen:

  • Die notwendigen Daten zur Definition der Versorgungssicherheit müssen mit Bandbreiten von Ober- und Untergrenzen auf Bundesebene vorgegeben werden – unter Einbezug der Kantone. Ansonsten besteht ein grosses Risiko, dass in der Schweiz 26 verschiedene Systeme eingeführt werden. Das würde unser Gesundheitswesen noch komplexer machen, die Mehrfachrolle der Kantone verstärken und die Kostendämpfung in Frage stellen.
  • Ab Erreichen der Obergrenze muss der Kanton gewährleisten, dass keine zusätzlichen Leistungserbringer im entsprechenden Fachgebiet zulasten der OKP zugelassen werden.
  • Zusätzlich zu einem verbesserten Zulassungsstopp sollte im Sinne des Parlamentsauftrages bei Normal- und Überversorgung der Vertragszwang aufgehoben werden. Das bedeutet, dass die Tarifpartner nicht mehr gezwungen sind, mit allen einen Vertrag abzuschliessen. Die Vertragskonditionen könnten dann unter den Tarifpartnern aufgrund klarer, nachvollziehbarer und rechtlich bindender Kriterien festgelegt werden. Dieser Wettbewerb im System würde einen präventiven Effekt gegen die Eröffnung von zu vielen Arztpraxen und gegen die Abrechnung unnötiger Leistungen haben. Gleichzeitig würde die Vertragsfreiheit auch einen Einfluss auf die Qualität haben, da alle Beteiligten in einem Wettbewerb stünden und an der Qualität ihrer Leistungen gemessen würden.
  • Wenn die Kantone zusätzliche Kompetenzen erhalten, den ambulanten Bereich zu steuern, müssen sie diesen auch mitfinanzieren. Somit muss die Vorlage zwingend mit der Einführung der einheitlichen Finanzierung der ambulanten und stationären Gesundheitsleistungen (EFAS) gekoppelt werden.

Fazit

Die Vorlage des Bundesrates widerspricht dem Parlamentsmandat. Die oben aufgeführten Änderungen inklusive der Verknüpfung mit der EFAS sind daher zwingend und von hoher Bedeutung. Nur so kann das Gesundheitswesen qualitativ besser und wirtschaftlich effizienter gemacht werden.

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