Senioren in Unternehmen: ein unterschätzter strategischer Trumpf

24. Juli 2025 | Kommentar(e) |

Dominique Fleury

Die Schweiz sieht sich mit einer alternden Bevölkerung und einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften konfrontiert. Deshalb wird die Einbindung und Weiterbeschäftigung von älteren Mitarbeitenden in Unternehmen immer wichtiger. Diese erfahrenen Arbeitnehmer sind jedoch oft mit Vorurteilen konfrontiert oder werden allmählich an den Rand gedrängt. Wie lässt sich dieser Trend umkehren und ihr Potenzial nutzen?

Wer sind die Seniorinnen und Senioren auf dem Schweizer Arbeitsmarkt?

les employés seniors 50+ sont un atouts pour les entreprises

In der Schweiz gelten Arbeitnehmer ab 50 Jahren als «Senioren». Dies mag als früh erscheinen, spiegelt aber die Realität des Arbeitsmarktes wider, wo die Herausforderungen für die Weiterbeschäftigung bereits in diesem Alter auftreten.

Ältere Mitarbeitende machten 2020 mehr als 37 Prozent der erwerbstätigen Schweizer Bevölkerung aus, während 2021 fast 18 Prozent der 65-74-Jährigen noch erwerbstätig waren. Diese Anteile werden aufgrund der steigenden Lebenserwartung und der Anhebung des Rentenalters weiter zunehmen.

Die Erwerbsquote der 55-64-Jährigen liegt bei fast 75 Prozent, und ist damit eine der höchsten in Europa. Trotz dieser aktiven Erwerbsbeteiligung bleiben ältere Arbeitnehmer vulnerabel bezüglich Langzeitarbeitslosigkeit und Diskriminierung bei der Einstellung. Und dies, obwohl die Schweiz mit einem Mangel an Arbeitskräften konfrontiert ist.

In der Schweiz gelten Arbeitnehmer ab 50 Jahren als «Senioren». Dies mag als früh erscheinen, spiegelt aber die Realität des Arbeitsmarktes wider, wo die Herausforderungen für die Weiterbeschäftigung bereits in diesem Alter auftreten.

Die Stärken älterer Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen wertschätzend eingesetzt werden sollten

Verglichen mit den jüngeren Generationen können auch Senioren 50+ einen erheblichen Mehrwert für ein Unternehmen darstellen. Ihre Stärken:

  • Fachkompetenz: Senioren haben oft jahrelange Erfahrung in ihrem Beruf und verfügen über ein breites berufliches Netzwerk.
  • Stabilität und Loyalität: Unter älteren Beschäftigten gibt es in der Regel eine tiefere Fluktuationsrate als bei der jüngeren Generation und eine höhere Bindung an das Unternehmen. 75 Prozent der 50-64-Jährigen bleiben länger als zehn Jahre beim gleichen Arbeitgeber.
  • Vermittlung von Wissen: In Unternehmen spielen ältere Menschen eine Schlüsselrolle als Mentoren und in der internen Ausbildung, insbesondere bei der jüngeren Generation, an die sie ihre Fähigkeiten und ihr Know-how weitergeben. Einige Pionierarbeitgeber in der Schweiz haben zudem «Reverse Mentoring»-Programme eingeführt, bei denen die Jungen die Älteren in digitalen Tools schulen und so eine Dynamik des gegenseitigen Lernens entsteht.
  • Resilienz: Ältere Mitarbeitende neigen dazu, Krisen und Veränderungen gelassener und souveräner zu bewältigen.

Hindernisse für ihre vollständige Einbindung

Trotz ihrer Stärken können ältere Mitarbeitende für einen Arbeitgeber Hürden bedeuten, oder sie sind Vorurteilen gegenüber ihrer Einstellung, ihrer Integration am Arbeitsplatz oder ihrer Weiterbeschäftigung ausgesetzt:

  • Hohe Fehlzeitenquote: Arbeitnehmer zwischen 55 und 64 Jahren haben laut BFS durchschnittlich 9,3 Fehltage pro Jahr. Im Jahr 2024 betrug die durchschnittliche Anzahl gesundheitsbedingter Fehltage pro Vollzeitbeschäftigten – über alle Altersgruppen hinweg – 8,5 Tage.
  • Vorurteile und gängige Meinungen: Ältere Arbeitnehmer gelten als weniger flexibel, weniger vertraut mit neuen Technologien oder als kostenintensiver. Solche Bedenken können jedoch übertrieben sein.
  • Weniger Weiterbildung: Lediglich 13 Prozent der 55-64-Jährigen besuchen Weiterbildungen gegenüber 30 Prozent der 25-34-Jährigen. Dies zeigt eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Erwerb neuer Fähigkeiten und kontinuierlichem Lernen.
  • Höhere Kosten: Die Lohnkosten und Sozialversicherungsbeiträge für ältere Arbeitnehmer sind zwar etwas höher, bleiben aber im Rahmen.

Welche Hebel gibt es, um Seniorinnen und Senioren besser zu integrieren?

les employés seniors dans le monde professionnel

Welche Rolle können Arbeitgeber bei der Aufwertung dieser Mitarbeiterprofile übernehmen? Wie können ältere Beschäftigte besser eingebunden und gleichzeitig ihr Engagement und ihre Weiterbeschäftigung gestärkt werden?

Unternehmen, insbesondere KMU, können von der Einführung einer bedarfsgerechten und integrativen Politik profitieren, die Folgendes umfassen kann:

  • Eine Rekrutierung ohne Diskriminierung, basierend auf einer 50+ HR-Politik, die entsprechend den Merkmalen der Stelle Kompetenzen statt Alter berücksichtigt.
  • Ein Angebot an Weiterbildungen, um die Beschäftigungsfähigkeit der Generation 50+ zu erhalten.
  • Anpassen der Arbeitsbedingungen, darunter die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit (Teilzeit), Telearbeit oder die Möglichkeit einer progressiven Pensionierung.
  • Ein generationsübergreifendes Mentoring-Programm, das den Wissensaustausch zwischen den Generationen der Beschäftigten fördert. Das Fachwissen und die Fähigkeiten der älteren Arbeitnehmer werden auf diese Weise wertgeschätzt und gleichzeitig der jüngeren Generation weitergegeben.

Gesundheit und Prävention: die Rolle der Arbeitgeber

Zusätzlich können Unternehmen aller Grössen und Branchen auch verschiedene Versicherungs-, Vorsorge- und Gesundheitsmanagementlösungen bereitstellen, welche die Senioren berücksichtigen:

  • Eine Erwerbsausfallversicherung, um das Einkommen bei Krankheit oder Unfall zu sichern.
  • Flexible Vorsorgepläne, geeignet für lange oder unterbrochene Karrieren, zur besseren Vorbereitung auf den Ruhestand.
  • Betriebliche Gesundheitsmanagement-Programme, die gezielt auf die Prävention von altersbedingten Risiken am Arbeitsplatz (Stress, ungenügende Ergonomie des Arbeitsplatzes etc.) ausgerichtet sind. Dies sind wichtige Elemente zur Begrenzung von Fehlzeiten und zur Gewährleistung eines nachhaltigen Wohlbefindens. Die Förderung der Gesundheit älterer Mitarbeiter zeigt, wie wichtig dem Arbeitgeber die Qualität des Arbeitslebens für alle ist.

Ein Beispiel für eine bewährte Massnahme in der Schweiz

Im Rahmen der Arbeitslosenversicherung führte der Kanton Freiburg vor rund 15 Jahren eine Massnahme ein, um die Einstellung von arbeitslosen Personen ab 55 Jahren zu unterstützen. Diese bestand in der Übernahme eines Teils ihrer BVG-Beiträge für einen begrenzten Zeitraum. 50+ Mitarbeiter in Unternehmen sind also nicht erst seit heute Thema!

Fazit: Die Synergien zwischen den Generationen nutzen

Die Einbindung älterer Mitarbeiter in Unternehmen, die Erhaltung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und die Unterstützung bei der Weitergabe von Wissen und dem beruflichen Übergang ist daher nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch eine strategische Chance für den Arbeitgeber. Durch die Stärkung ihrer Kompetenzen und ihres Know-hows sowie die Anpassung ihrer Funktion, wo immer möglich, können Unternehmen, insbesondere KMU, einen echten Mehrwert generieren.

Wer auf das Zusammenleben der Generationen, das «Miteinander arbeiten» und den Aufbau stärkerer, innovativerer und menschlicherer Teams setzt, steigert nicht nur die Effizienz und Produktivität, sondern trägt auch zur Entwicklung der Arbeitgebermarke, des Humankapitals und einer nachhaltigen Strategie im sozialen Sinne bei.

Insbesondere ist es wichtig, mit den älteren Mitarbeitern offen über ihre Erwartungen und beruflichen Perspektiven zu sprechen und ihnen zu vermitteln, dass sie dazugehören. Aufgrund des zunehmenden Arbeitskräftemangels könnte der Schweiz bis 2030 eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen. Seniorinnen und Senioren zwischen 50 und 65 Jahren sind also ein wichtiger Ressourcenpool, der nicht ungenutzt bleiben sollte.

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