Frauen und Vorsorge: Gibt es wirklich Lücken?

01. Mai 2025 | Kommentar(e) |

Adrien Jacquérioz

Laut Bundesstatistik verfügen Frauen zum Zeitpunkt der Pensionierung über rund 30 Prozent weniger Altersguthaben als Männer. Was sind die Ursachen für diese Beitragslücken und wie lassen sie sich schliessen? Dieser Blogartikel liefert mögliche Antworten.

Das Schweizer Vorsorgesystem basiert auf drei Säulen, die darauf ausgelegt sind, bei Erreichen des Rentenalters finanzielle Sicherheit zu garantieren. Dieses System weist jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf, insbesondere in Bezug auf die berufliche Vorsorge (2. Säule). Ausserdem leben Frauen im Durchschnitt länger als Männer und benötigen deshalb länger Rentenleistungen.

Die Ursachen für den «Gender Pension Gap» in der Vorsorge

Man kann also von einem regelrechten «Gender Pension Gap» zwischen Männern und Frauen im Bereich Vorsorge und Rentenversicherung sprechen. Während der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei den AHV-Renten gering ist, fällt er bei der 2. Säule grösser aus. Die betroffenen Frauen beziehen eine um 44 % niedrigere BVG-Rente als Männer. Aber wie lässt sich das erklären? In erster Linie sind die Familienmodelle in Kombination mit der Tätigkeit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt dafür verantwortlich.

  • Mutterschaftsurlaube und Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit

    Aufgrund eines nach wie vor feststellbaren Rollenverständnisses in Bezug auf die Familie unterscheidet sich die berufliche Laufbahn von Frauen oftmals von jener der Männer. Sie ist tendenziell eher von Unterbrechungen der Berufstätigkeit geprägt. Gründe dafür sind Mutterschaftsurlaube und die Zeiten, in denen die Mutter zu Hause bleibt, um sich um die Kinder zu kümmern.

    Ausserdem wenden Frauen oft mehr Zeit für unbezahlte Tätigkeiten innerhalb der Familie auf. Das schränkt ihre Altersvorsorgebeiträge ein und vergrössert gleichzeitig ihre Lücken im Bereich der Rentenversicherung.
     
  • Teilzeitarbeit

    In der Schweiz arbeiten rund 60 Prozent der Frauen in Teilzeit, egal ob aus familiären oder anderen Gründen. Das führt zu einer Lücke bei den Vorsorgebeiträgen im Vergleich zu den Männern, die überwiegend in Vollzeit arbeiten.
     
  • Niedrige Löhne und Ungleichheiten

    Vor allem aus den oben genannten Gründen erhalten Frauen tendenziell einen verhältnismässig niedrigen Lohn, was sie beim Aufbau des Guthabens der 2. Säule benachteiligt. Die niedrigen Löhne unterliegen, wie die Teilzeitarbeit, der BVG-Eintrittsschwelle (minimaler Jahreslohn, um Beiträge in die 2. Säule einzuzahlen) und dem Koordinationsabzug (Teil des versicherten Lohns in der 2. Säule, der den in der AHV versicherten Teil mitberücksichtigt).

    Die Lücken der Frauen bei den Rentenleistungen lassen sich auch durch die Lohnungleichheiten erklären. Diese verringern sich zwar tendenziell, wirken sich aber weiterhin auf das Altersguthaben von Frauen aus. Im Durchschnitt erhalten Frauen in der Schweiz für dieselbe Stelle 18 Prozent weniger Lohn als Männer.

Wie lassen sich Vorsorgelücken schliessen?

Les solutions pour combler ses lacunes de prévoyance

Es gibt mehrere Lösungen, um die Beitragslücken von Frauen in der Altersvorsorge bis zu einem gewissen Grad zu schliessen.

  • Nehmen Sie zunächst die Vorsorge selbständig und rechtzeitig in die Hand. Beschäftigen Sie sich auch mit vorzeitiger Pensionierung, finanzieller Planung und der Verwaltung Ihrer Rente bei allen Arten von Altersvorsorge. Befassen Sie sich frühzeitig mit Situationen, die in Zukunft eintreten können (Familienleben, Scheidung, Verringerung des Beschäftigungsgrades) und berücksichtigen Sie eine höhere Lebenserwartung.
  • Schliessen Sie Vorsorgelücken möglichst mit freiwilligen Einzahlungen in die AHV (Beitragspflicht von 21 Jahren bis 65 Jahren und Möglichkeit, nur die Lücken der letzten 5 Jahre zu schliessen), Einkäufen in die 2. Säule oder Einzahlungen in eine 3. Säule.
  • Schliessen Sie eine Zusatzversicherung ab (wie eine Todesfallversicherung oder eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung nach Krankheit oder Unfall), um sich finanziell gegen unvorhergesehene Ereignisse abzusichern.
  • Ergreifen Sie rechtzeitig die nötigen Massnahmen im Hinblick auf das Familienleben oder den Beschäftigungsgrad, um Vorsorgelücken nach der Pensionierung zu antizipieren. Bitte beachten Sie auch, dass die AHV-Leistungen durch Erziehungsgutschriften für Elternteile, die ein Kind unter 16 Jahren betreuen oder betreut haben, aufgebessert werden können. Es handelt sich dabei nicht um Leistungen in bar, sondern um einen Zuschlag zum Erwerbseinkommen, der bei der Rentenberechnung berücksichtigt wird.

Geschiedene Frauen und Vorsorge

Die Themen Vorsorge und Rente sind für geschiedene Frauen noch wichtiger. Seit 2000 verpflichtet das BVG bei Scheidungen die einstigen Eheleute zur Aufteilung der Guthaben aus der Pensionskasse, die während der Ehe angespart wurden. Das reicht aber nicht unbedingt aus, um die Lücken bei der Altersvorsorge von Frauen zu schliessen, die beispielsweise in Teilzeit gearbeitet oder ihre Karriere aus familiären Gründen unterbrochen haben. Deshalb ist es wichtig, die persönliche Situation zu analysieren und die nötigen Vorsorgemassnahmen zu treffen, um das Vorsorgekapital zu optimieren.

Frauen und Vorsorge: Die Bedeutung der 3. Säule

Die 3. Säule ist eine interessante Vorsorgelösung, mit der sich Beitragslücken schliessen lassen. Es ist ratsam, rechtzeitig mit einer Investition in die 3. Säule zu beginnen, auch mit kleinen Beträgen. Sie haben die Wahl zwischen einer Säule 3a (gebundene Vorsorge) und 3b (freie Vorsorge), die sich bezüglich der steuerlichen Parameter und der Flexibilität unterscheiden.

Die individuelle und optionale Vorsorge in Form der Säule 3a erlaubt es vor allem, im Hinblick auf die Rente zu sparen, aber auch:

  • steuerliche Vorteile zu geniessen (die jährlichen Beiträge können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden)
  • oder ein Lebensprojekt zu verwirklichen (Selbständigkeit, Kauf einer Immobilie oder Umzug ins Ausland).

Das sollten Sie sich merken:

Anticiper sa retraite et renforcer sa prévoyance
  • In der Schweiz verfügen Frauen bei Pensionsantritt über ein rund 30 Prozent niedrigeres Vorsorgeguthaben als Männer.
  • Die Hauptursachen für diese Beitragslücken sind Mutterschaftsurlaube und Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, ein geringerer Beschäftigungsgrad, aber auch niedrigere Löhne.
  • Beitragslücken lassen sich mit dem Einkauf von AHV-Beiträgen (nur in den letzten 5 Jahren der Erwerbstätigkeit, sofern eine Beitragspflicht bestand), BVG-Einkäufen oder Einzahlungen in eine 3. Säule schliessen. 
  • Nehmen Sie Ihre Altersvorsorge rechtzeitig in die Hand, indem Sie Ihre persönliche und berufliche Situation analysieren, sich frühzeitig mit Fragen zur Rente befassen und sich gegebenenfalls beraten lassen.

FAQ – Die Vorsorge von Frauen in der Schweiz

Les femmes présentent plus de lacunes de prévoyance que les hommes
  • Warum sind Frauen anfälliger für Vorsorgelücken?

    Karriereunterbrechungen, Mutterschaftsurlaube, unbezahlte Arbeit und vermehrte Teilzeitarbeit führen zu niedrigeren Beitragszahlungen in die Vorsorgesysteme, vor allem in die 2. Säule.
  • Welchen Einfluss hat Teilzeitarbeit auf die Rente von Frauen?

    Teilzeitarbeit reduziert die Beitragszahlungen in die 2. Säule und kann Einzahlungen in diese Säule sogar ausschliessen, wenn der Lohn unterhalb der BVG-Eintrittsschwelle liegt. Das führt direkt zu einer Senkung der Rentenleistungen.
  • Kann man AHV-Beitragsjahre nachkaufen?

    Ja, aber nur für die letzten 5 Jahre der Erwerbstätigkeit und unter der Bedingung, dass in diesem Zeitraum eine Beitragspflicht bestand.
  • Wie lässt sich eine Lücke in der 2. Säule (BVG) schliessen?

    Es ist möglich, sich im Rahmen der maximal zulässigen Beträge freiwillig in die Pensionskasse einzukaufen. So optimiert man seine zukünftige Rente und verringert gleichzeitig seine Steuerlast.
  • Welche Lösung der 3. Säule ist am sinnvollsten?

    Die Säule 3a (gebunden) ist besonders vorteilhaft: Damit kann man ein Rentenkapital aufbauen und gleichzeitig seine Steuern senken. Es empfiehlt sich, frühzeitig Beiträge zu leisten, auch mit kleinen Beträgen.
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