Obligatorische Krankenpflegeversicherung – Konsum ohne Limit?

28. Juni 2018 | Kommentar(e) |

Miriam Gurtner

„Alle Jahre wieder…“ – kurz nach Verstummen der Weihnachtslieder – müssen wir für die Prämien der obligatorischen Krankenversicherung tiefer in die Tasche greifen. Der Grund dafür: die Kosten der konsumierten Leistungen haben im Vorjahr einmal mehr zugenommen.

Doch warum entwickeln sich die Ausgaben im Gesundheitswesen nicht auch einmal rückläufig? Das Problem liegt unter anderem in bestehenden Fehlanreizen. Die Tendenz, immer mehr zu konsumieren, steigt. Um diese Problematik besser zu verstehen, stellen wir uns einmal vor, dass unsere Versicherungskarte eine spezielle Vorteilskarte ist…

Wie jeder Einwohner in der Schweiz, lassen Sie sich bei einem Anbieter Ihrer Wahl für diese Vorteilskarte einschreiben. Gegen eine monatliche Gebühr erhalten Sie Ihre persönliche Karte, die 90% der Kosten in allen Hotels, Restaurants und Geschäften in der Schweiz übernimmt. Unglaublich, oder?

Ein einfaches und attraktives Konzept

Jedes Jahr bezahlen Sie nur die ersten Leistungen selber, anschliessend nur noch 10% der Kosten. Für einen Hotelaufenthalt beteiligen sich die Kantone mit 55% an den Kosten, die übrigen 45% werden von dem Kartenanbieter übernommen. Dieser übernimmt auch die 90% für die Restaurants und Geschäfte.

Mit einem solchen Angebot können Sie voll und ganz profitieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden Sie also vermehrt einen guten Tisch reservieren und ein paar Nächte im Hotel verbringen. Der einzige Haken daran ist, dass dadurch die Kartenanbieter ihre monatliche Gebühr erhöhen müssen.

Die Konsumanreize, die das System untergraben

Jahr für Jahr müssen Sie mehr und mehr für die Vorteilskarte bezahlen und Ihre Zufriedenheit sinkt kontinuierlich. Der Staat entscheidet sich, denjenigen unter die Arme zu greifen, die ihre Monatsgebühren nicht mehr bezahlen können und subventioniert diese Personen.

Gleichzeitig versuchen die Kartenanbieter die monatlichen Gebühren so niedrig wie möglich zu halten. Dazu begeben Sie sich auf die Jagd nach Betrügern und verhandeln mit Mühe niedrigere Preise mit den Hotel- und Restaurantbetreibern.

Wie können wir unseren Appetit zügeln?

Man muss es sich selber eingestehen: Seit man im Besitz dieser Karte sind, geht man öfter ins Restaurant. Der Grund? Man möchte bestmöglich von den bezahlten Monatsgebühren profitieren und das erscheint auch logisch. Der ursprüngliche Zweck dieser Karte war es, dass jeder Einwohner der Schweiz in ein Restaurant oder in ein Hotel gehen kann – jedoch ist das für einige zum Anreiz zum Profitieren geworden. Die Nachfrage steigt auf Kosten von allen, während die Hotels, Restaurants und anderen Geschäfte immer mehr Leistungen anbieten und so ihr regelmässiges Einkommen sicherstellen.

Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, schlagen einige vor, dass die Vorteilskarten nur von einer Firma ausgegeben werden soll. Indem man den Konkurrenzkampf tötet, würde man die Bemühungen um die tieferen Monatsgebühren limitieren ohne das Problem der Überkonsumation anzugehen.

Das Schweizer Gesundheitssystem basiert auf Solidarität in dem wir alle „Haupt-Konsumenten“ sind. Deswegen muss eigenverantwortliches Handeln bei den Verbrauchern und den Leistungserbringern belohnt und der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Krankenkassen bewahrt werden. Daher ermutigen wir alle, den Zugang zum Gesundheitswesen zu einem erschwinglichen Preis zu erhalten.

Miriam Gurtner

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Miriam Gurtner

Leiterin Public Affairs, Generalsekretariat

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