Steigende Nachfrage: Physiotherapie boomt in der Schweiz

12. August 2025 | Kommentar(e) |

Tess Bardy

Physiotherapie ist nicht nur für die Behandlung von Muskel- und Skeletterkrankungen wichtig, sondern auch für die Erholung nach Operationen, die Sturzprävention und die neurologische Rehabilitation. Nutzung und Kosten der Physiotherapie haben entsprechend in den letzten zehn Jahren erheblich zugenommen. Eine kürzlich durchgeführte Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), finanziert von der Fondation Groupe Mutuel, zeigt dass die Kosten pro Nutzer von Physiotherapie zwischen 2017 und 2023 um 67% gestiegen sind. Diese Entwicklung ist vor allem auf den Anstieg der Anzahl Nutzer und die Zunahme der Behandlungsintensität zurückzuführen.

Resultate der ZHAW-Studie

Die Studie der ZHAW basierend auf anonymen Daten der Groupe Mutuel zeigt folgendes auf:

  • Mehr Physiotherapie: Die Nutzung von Physiotherapie ist um einen Drittel gestiegen, von 14 % der Versicherten der Groupe Mutuel im Jahr 2017 auf 19 % im Jahr 2023. Dazu stieg auch die durchschnittliche Anzahl der Sitzungen pro Nutzer von 13 auf 16. D.h. es nutzen nicht nur mehr Menschen Physiotherapie, sondern all diese Nutzer nehmen auch mehr Sitzungen in Anspruch.
    Frappant ist ausserdem die Zunahme des Anteils komplexer Sitzungen, die teurer sind, von 14 % auf 34 %. Besonders ältere Bevölkerungsschichten nutzen die Physiotherapie verstärkt: Bei den über 81-Jährigen haben sich die Kosten pro Person beinahe verdoppelt.
  • Steigende Kosten: Die Kosten für Physiotherapie pro Versicherten stiegen von 120 CHF im Jahr 2017 auf 200 CHF im Jahr 2023, wobei die Anzahl Physio-Nutzer etwa 40% des Kostenwachstums ausmacht. Die Nutzungsintensität trug zu gleichen Mass (40%) zum Kostenanstieg bei, wobei rund ein Viertel auf die Zunahme der jährlichen Anzahl von Sitzungen pro Nutzer und ein Sechstel auf den steigenden Anteil komplexer Sitzungen zurückzuführen sind. Die Alterung der Versichertenpopulation erklärt hingegen nur 16% des gesamten Kostenanstiegs.
  • Regionale Unterschiede: Das Tessin zeigt die höchste Anzahl Physio-Nutzer mit 20% der Versicherten, gefolgt von der Genferseeregion mit 18%. Die niedrigste Anzahl Nutzer liegt in der Ost- (14 %) und Zentralschweiz mit 12%. Die Genferseeregion und Zürich verzeichneten einen starken Anstieg des Anteils an komplexen Sitzungen, in Zürich stieg dieser Anteil zwischen 2017 und 2023 von 16% auf 43%.

Herausforderungen und Chancen

Die Experteninterviews mit Ärzten und Physiotherapeuten offenbaren einige Herausforderungen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Nutzung und des Kostenmanagements der Physiotherapie. Die Empfehlungen können wie folgt zusammengefasst werden.

  • Verschreibungspraktiken standardisieren: Durch klare und evidenzbasierte Leitlinien kann eine angemessene Anwendung der Physiotherapie gewährleistet werden.
  • Zusammenarbeit verbessern: Eine bessere Kommunikation und Koordination zwischen Physiotherapeuten und Ärzten ist entscheidend für eine optimale Versorgung.
  • Ungleichheiten abbauen: Politische Entscheidungsträger sollten sich auf die Beseitigung regionaler und sozioökonomischer Unterschiede konzentrieren, um allen Patienten gleichberechtigten Zugang zu bieten.
  • Kosten optimieren: Massnahmen zur Verhinderung unangemessener Rechnungsstellung für komplexe Behandlungen und zur Bestimmung der optimalen Behandlungsdauer und -häufigkeit könnten helfen, die Kosten zu senken.

Diese Erkenntnisse zeigen, wie stark die Bedeutung der Physiotherapie in den letzten Jahren zugenommen hat und welche Schritte unternommen werden können, um ihre Nutzung noch effizienter zu gestalten. Lesen Sie die Ergebnisse im Detail im Studienbericht der ZHAW.

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Projektleiterin, Gesundheitsökonomie

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